Conservation Management Plan Obafemi-Awolowo-Universität, Ile-Ife, Nigeria

Architekt A. Sharon B. Idelson Architects (bis 1964), A. & E. Sharon Architects and Town Planners (ab 1964), A.M.Y. Ltd. Architects Engineers Consultants (bis ca. 1970), Egboramy Company Architects Engineers Consultants (ab ca. 1970)
Standort Ile-Ife, Nigeria
Erbaut 1962 - 1976
Nutzer Obafemi Awolowo Universität

Die Universität von Ife (heute Obafemi-Awolowo-Universität), die zwischen 1962 und 1976 unter der Federführung des israelischen Architekten Arieh Sharon entworfen wurde, ist eines der bekanntesten Beispiele für modernistische Campus-Architektur in Afrika. Auf Initiative der Obafemi-Awolowo-Universität und der Koordinatorin Annette Schryen wurde unser Büro mit der Entwicklung eines Denkmalpflegeplans betraut. Ermöglicht wurde das Projekt durch die Unterstützung der Getty Foundation (USA) im Rahmen des Förderprogramms „Keep-it-modern“ und der Gerda Henkel Stiftung (DE).

Arieh Sharon (1900-84), der israelische Architekt und ehemalige Hannes Meyer-Schüler am Bauhaus Dessau wurde 1960 mit der Planung des Campus der Universität von Ife beauftragt. Wegen der authentischen Interpretaion des internationalen Bauhaus-Stils gilt der Campus im Westen Nigerias heute neben der ADGB-Gewerkschaftsschule in Bernau (Deutschland) und dem White City Center in Tel Aviv (Israel) als wichtiger Bauhaus-Standort. Die Universität von Ife begleitete Arieh Sharons Schaffen über zwei Jahrzehnte hinweg. In diesem Zeitraum erweiterte er seinen modernistischen Formenkanon um strukturalistische und postmoderne Elemente. Zum 100-jährigen Bauhausjubiläum 2019 wurde die Universität von Ife erstmals international gewürdigt. Anlässlich des Jubiläums war der Dokumentarfilm „Scenes from the Most Beautiful Campus in Africa“ des Architekturhistorikers Zvi Efrat Teil der weltweiten Ausstellungen. https://vimeo.com/338514395

Arieh Sharon hat den Campus 1961 als Modellstadt der Moderne angelegt, inspiriert von den alten Städten der Maya und Azteken als perfekte architektonische Beispiele für umfassende Stadtplanung und der vernakulären Architektur der ansässigen Yoruba mit ihren funktionsspezifischen, offenen Innenhöfen. Das Zentrum des Campus besteht ebenfalls aus einer großen Piazza, flankiert von der Bibliothek (Library und Library Extension), der Universitätsverwaltung (University Hall) und der Aula (Assembly Hall). In Laufnähe befinden sich die Fakultätsgebäude für Bildung (Education), Verwaltung (Administration), Recht (Law) und Sozialwissenschaften (Social Science) und das dreiteilige Fakultätsgebäude für Geisteswissenschaften (Humanities). Außerhalb dieses Zentrums hat Sharon die Fakultät für Landwirtschaft und Wohngebäude für Studierende und die Universitätsleitung vorgesehen.

Der Denkmalpflegeplan sieht zunächst eine detaillierte Bestandsaufnahme vor, die sowohl eine Zustandsbeschreibung und Bauphasenanalyse umfasst als auch auf Nutzungsveränderungen eingeht. Wenn die Ressource des Bestandes ermittelt ist wird der eigentliche Plan gefasst: nämlich die Reparatur unter Wahrung der Authentizität einerseits und Berücksichtigung moderner Anforderungen andererseits. Dazu konzentriert sich der Denkmalpflegeplan auf das Zentrum des Campus (Campus Core), der 13 Gebäude umfasst. Obwohl diese Gebäude grundsätzlich intakt sind, besteht erheblicher Sanierungsbedarf. Die Alterung und mangelnde Instandsetzung der Gebäude sowie ihre intensive Nutzung durch den laufenden Universitätsalltag verursachen unvermeidliche Schäden.

Nach der augenscheinlichen Bestandsaufnahme aller Gebäude innerhalb des Zentrums empfiehlt der Denkmalpflegeplan allgemeine Maßnahmen, wie die Beton- und Dachsanierung und die Modernisierung der Haustechnik. Das nördlichste der drei Fakultätsgebäude für Geisteswissenschaften (The Faculty of Humanities I) wurde – zusammen mit dem Hörsaal des mittleren Fakultätsgebäudes (Auditorium II) – als Untersuchungsbereich für eine fokussierte Analyse und Bewertung ausgewählt. Beide dienen als Beispielgebäude, anhand deren vollständiger Bestandsaufnahme Maßnahmen detailliert ausformuliert werden, um von Notlösungen und Adhoc-Reparaturen zu einer langfristigen Planung überzugehen. Die Fakultät für Geisteswissenschaften war die erste Gebäudegruppe, die ca.1965 fertiggestellt wurde. Die Form des Gebäudes ergab sich aus klimatischenÜberlegungen – eine umgekehrte Pyramide, bei der die oberen Stockwerke die unteren beschatten. Diese umgekehrte Pyramidenform findet sich in Variationen auf dem gesamten Campus wieder.

Für das nördliche Gebäude der Faculty of Humanities beinhaltet der Denkmalpflegeplan eine umfassende Dokumentation der Geschichte des Gebäudes und aller verfügbaren Archivquellen. Eine vollständige fotografische Erfassung und neue Bestandspläne dokumentieren den aktuellen Zustand des Gebäudes und dienen als Grundlage für eine eingehende Beschreibung und Bewertung aller wichtigen Gebäudeteile. Abschließend werden Erhaltungsmaßnahmen für dieses beispielhafte Gebäude definiert. Die Ergebnisse werden in eine Kurzbewertung und allgemeine Richtlinien für die Erhaltung des gesamten Campus-Kerns übertragen.

Die umfassenden Erhebungen und Bewertungen des Campus-Kerns wurden von einem interdisziplinären Planungsteam durchgeführt und vom Azrieli Architectural Archive in Tel Aviv beraten. Das Projektteam der Obafemi-Awolowo-Universität mit der Koordinatorin Annette Schryen arbeitete eng mit dem nigerianischen Architekturkonsortium Stagray Associates unter der Leitung von Herrn Wale Adelowo und Brenne Architekten zusammen. Der Denkmalpflegeplan soll nicht nur dazu beitragen, diese postkoloniale Ikone der modernen Campusgestaltung zu erhalten, sondern auch für die Pflege vergleichbarer, modernistischer Architektur in der Region sensibilisieren und eine Herangehensweise aufzeigen. Die offizielle Anerkennung des Campus von Ile-Ife als nationales Denkmal der nigerianischen Regierung steht kurz bevor.